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Experten-Kolumne 25.07.2014 15:27:33

Die "Peripherie" im neuen Licht

Kolumne

Die "Peripherie" des Euroraums erscheint in einem neuen Licht, seit die Fremdkapitalkosten der Staaten auf historische Tiefs gesunken sind. Auf dem Höhepunkt der Euro-Krise war dies noch ganz anders. Anlass genug, die Aussichten und Risiken der Anlageklasse einer genaueren Untersuchung zu unterziehen.

Wir glauben, dass besonders die sich verbessernden Fundamentaldaten die Marktteilnehmer dazu veranlassen, bereits mit niedrigeren Kreditrisiken zu rechnen. Portugal etwa hat, wie Anfang 2014 berichtet, im Jahr 2013 zum ersten Mal seit zwanzig Jahren für ein Gesamtjahr einen Leistungsbilanzüberschuss ausgewiesen. Die nach oben korrigierten Prognosen der Ratingagenturen haben ebenfalls zum gestiegenen Optimismus der Marktteilnehmer beigetragen.

Und damit nicht genug: neben dem niedrigeren Bonitätsrisiko hat die Anlageklasse seit Anfang 2014 auch auffällig hohe inländische Mittelflüsse angezogen. Dies könnte auch durch die Prüfungen der Aktiva-Qualität (Asset Quality Review) der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die Analysen der Bankbilanzen Ende 2013 ausgelöst worden sein und die Rückkehr zu normalen Ankaufaktivitäten der Banken seit Anfang 2014 markieren. (Die Überwachung der Banken im Euroraum liegt künftig in den Händen der EZB, und bevor sie 2014 die Aufsicht über die Banken übernimmt, prüft sie deren Bilanzen auf Herz und Nieren.)

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Eine oder mehrere asiatische Zentralbanken sollen in italienische Staatsanleihen investiert haben, und auch inländische Pensionsfonds engagieren sich wieder in der "Peripherie".

Peripherie profitiert von Draghi

Letztere profitiert von der Bereitschaft der EZB zu quantitativer Lockerung, während andere Zentralbanken wie etwa die US-Notenbank (Fed), die ihr quantitatives Lockerungsprogramm allmählich zurückfährt (Tapering), einen entgegengesetzten Kurs einschlagen.

Die Anleger werden bei den aktuellen Spreads zumindest in den nächsten sechs Monaten ausreichend für das Risiko kompensiert, das mit Engagements in der europäischen "Peripherie" verbunden ist. Dabei liegt das Risiko unserer Meinung nach eher in einer überraschend positiven Konjunkturentwicklung, die es den Staaten leichter macht, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Solange die Wirtschaft moderat wächst, halten wir das Ausfallrisiko für unerheblich. Sollte allerdings ein externer Schock eintreten, der die Erholung aus dem Tritt bringt, dann ändert sich die Lage.

Mario Draghis Versprechen aus dem Jahr 2012, "alles Notwendige" zu unternehmen, um den Euro zu retten, erwies sich als Wendepunkt für die Europäische Union und besonders für die "Peripherie",  . Diese Aussage des EZB-Präsidenten, auch bekannt als "Super Mario", legte den Grundstein für die Erholung der "Peripherie". Ab diesem Zeitpunkt verbesserte sich die Risikoeinschätzung für diese Staaten, und die Konjunktur zog an. Auch die Spread- und Renditevolatilität der Peripherieländer ist in den letzten Monaten auf Werte gesunken, die sogar unter denen von US-Staatsanleihen liegen. Das rief erneut sogenannte Carry-Anleger und Fonds auf den Plan, die sich zuvor wegen ihres Risikobudgets zurückgehalten hatten, was zu einer breiteren und besseren Anlegerbasis führen sollte.

Veränderte Einschätzung

Tatsächlich ist die "Peripherie" des Euroraumes in den Augen der Anleger mittlerweile zu einem vergleichsweise sicheren Investment aufgestiegen, während Engagements in den Schwellenländern   zurückgefahren werden. Mit dem Rückgang der Lohnkosten ist die Wettbewerbsfähigkeit der "Peripherie" gestiegen, was die Staaten im Vergleich mit den Schwellenländern attraktiver macht. In einigen Peripherieländern wie Portugal und Spanien ist die Wirtschaft gewachsen, und das BIP hat zugelegt.

Spanien, Portugal und Irland haben Strukturreformen durchgeführt, während Italien mit einer Schuldenquote von über 130% hier noch aufholen muss. Trotzdem haben die italienischen Anleiherenditenden tiefsten Stand seit 1945 erreicht. Griechenlands erfolgreiche Anleiheauktionen illustrieren, wie sehr sich die Einschätzungen gewandelt haben, und die Nachfrage nach griechischen Anleihen wird als Vertrauensvotum gewertet. Die Ratingagenturen haben einzelne Länder heraufgestuft oder ihre Prognosen nach oben korrigiert. Die Nutzniesser sind Italien, Spanien, Irland und Portugal, deren bisherige Fortschritte positiv vermerkt werden.

Optimistischere Aussagen könnten den Anlegern unserer Meinung nach Mut machen, noch mehr in den Anleihenmärkten der Region zu investieren. Solange die Wirtschaft weiter zulegt, sollte die "Peripherie" kein Problem darstellen. Wie an dem aufwärts tendierenden Stimmungsindikator EU27 der Europäischen Kommission abzulesen ist, hat sich die europäische Wirtschaft verbessert.

Bevorstehende Wahlen bergen Risiko

Ein Risiko könnte allerdings entstehen, sollte die "Peripherie" in eine tiefe Rezession fallen. Die Staaten am Rande der EU benötigen drei bis fünf Jahre, um Schulden abzubauen, und dieser Prozess wäre in einem stark rezessionären Umfeld gefährdet. Einen anderen Risikofaktor und potentiellen Stolperstein sehen wir in den Wahlen, die zu einer Verschlechterung des politischen Umfelds führen. Denkbar wäre dies z.B. in Spanien, wo 2015 Parlamentswahlen anstehen. Eine weitere Hürde auf dem Weg zum Schuldenabbau schliesslich wäre auch eine nachlassende Konjunktur.

Alexis Renault (im Bild), Leiter High Yield bei Meriten (BNY Mellon), Rebecca Braeu, Direktor Sovereign Research bei Ständisch und Gunther Westen, Leiter Asset Allokation und Fondsmanagement bei Meriten (BNY Mellon)

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.

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