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Experten-Kolumne 25.03.2014 15:11:22

Den Weg durch die Liquiditätsflut finden

Kolumne

Stärkere Konjunkturdaten und eine bessere Anlegerstimmung sind eine durchschlagende Kombination. In der Eurozone ist das Wirtschaftswachstum seit einigen Quartalen positiv und trotz der zu niedrigen Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) beteuert, sie werde alles tun, um die Region nicht zurück in die Rezession abrutschen zu lassen.

Diese stärkeren wirtschaftlichen Fundamentaldaten haben zusammen mit der lockeren Geldpolitik dazu geführt, dass die Zinsen vor allem in der europäischen Peripherie deutlich gefallen sind: In Italien, Spanien und Irland sind die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen sogar wieder auf das Vorkrisenniveau gesunken. Von Bedeutung ist das rückläufige Zinsniveau sowohl für die europäische Wirtschaft, denn niedrigere Zinsen in der Peripherie legen nahe, dass die Märkte von der Erholung überzeugt sind, als auch für die Finanzlage der einzelnen Länder, deren Staatsfinanzierung dank der niedrigeren Zinsen erschwinglicher geworden ist.

Noch wichtiger ist zudem vielleicht, dass die länderspezifischen Risiken als niedriger empfunden werden, da die Staatsregierungen der Peripherieländer dringend benötigte Strukturreformen umgesetzt haben, um ein stabileres und einheitlicheres politisches und wirtschaftliches Umfeld zu schaffen. Zusammen mit den sich verbessernden Fundamentaldaten hat dieser ausdrückliche Reformwille die Eurozone aus der schlimmsten Rezession seit der Einführung der Gemeinschaftswährung geführt. Das beste Beispiel dafür, wie drastisch sich die Risikoaversion der Anleger gewandelt hat, ist Italien, wo die jüngsten politischen Ereignisse nicht als Gegenwind, sondern als Chance betrachtet werden. Mit anderen Worten: Die Märkte sehen die politischen Veränderungen in Italien als Gelegenheit, den Reformprozess zu beschleunigen, nicht als Vorbote für kommende Instabilität.

Für die Wirtschaft der Eurozone sind diese Entwicklungen zwar alle positiv, doch sie haben auch einschneidende Auswirkungen für Anleihenanleger. Die lockere und manchmal unorthodoxe Geldpolitik in der entwickelten Welt hat die Zinsen auf historische Tiefstände gedrückt, so dass Anleger, die ihre Erträge bisher in traditionelleren Bereichen des Anleihenmarkts wie Staatsanleihen erzielt haben, sich nach anderen Möglichkeiten umschauen müssen. Und nach dem jüngsten Rückgang der Renditen bieten die Staatsanleihen der europäischen Peripherie nicht mehr so viel Rendite wie zuvor. Noch gibt es jedoch andere Möglichkeiten, denn die kreditsensitiveren Bereiche des Anleihemarkts, vor allem Hochzins- und Schwellenländeranleihen, sind im Vergleich zu herkömmlichen Optionen nach wie vor attraktiv.

Anleger müssen jedoch die Risiken berücksichtigen, wenn sie Investmentgelegenheiten im Fixed-Income-Bereich in Erwägung ziehen. Bonitätsstarke Anleihen mit längerer Laufzeit reagieren in der Regel stärker auf Zinsschwankungen, während Bereiche wie Hochzinsanleihen generell weniger sensitiv auf steigende Zinsen reagieren. Somit können Anleger ihr Zinsrisiko reduzieren und gleichzeitig ihr Renditepotenzial steigern, indem sie Anleihen mit kürzerer Duration kaufen und zusätzliches Kreditrisiko eingehen. Aus wirtschaftlicher Sicht steht den Schwellenländern in der ersten Jahreshälfte 2014 ein steiniger Weg bevor, wodurch sich durchaus auch Chancen ergeben können. Nicht alle Schwellenländer sind jedoch gleich, sprich: die Titelauswahl in diesem Bereich wird entscheidend sein, wenn die Bewertungen attraktiver werden.


Obwohl die lockere Geldpolitik anhalten wird und das Risiko eines drastischen Anstiegs der derzeit niedrigen Ausfallraten bei Unternehmensanleihen gering ist, bietet das aktuelle Niedrigrenditeumfeld nach wie vor Investmentgelegenheiten. Ein ausgewogenes und breit gestreutes Portfolio gewinnt jedoch zunehmend an Bedeutung, d. h., Anleger sollten nicht nur in viele verschiedene Sektoren des Anleihenmarkts investieren, sondern auch eine Reihe verschiedener Strategien verfolgen. Da die Welt immer noch in Liquidität schwimmt, scheint der Ausblick für Anleihen vielleicht düster. Das ist jedoch nicht der Fall - um annehmbare Erträge zu erzielen, muss man allerdings genau wissen, wo man suchen soll.

David Lebovitz, J.P. Morgan Asset Management

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