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Expertenkolumne 14.10.2025 10:15:38

Zwei Jahre noch - oder zwei Wochen?

Zwei Jahre noch - oder zwei Wochen?

2025 könnte der S&P 500 das dritte Jahr in Folge um über 20% steigen. Dreimal hintereinander ist ungewöhnlich, aber in den späten 1990ern erlebten wir sogar fast fünf Gewinnjahre in Folge.

Damals löste die erste Internetrevolution eine Preisblase aus, jetzt ist es die KI-Revolution. Sie lässt die Aktienkurse überall steigen. Weil ausserdem die Geldpolitik gelockert und die Fiskalpolitik nicht gestrafft wird, stehen die Zeichen weiter auf Wachstum. Das Momentum ist gewaltig. Vermögen wachsen, Zollrisiken und weltpolitische Risiken lassen nach. Die Party geht weiter. Aber wenn sich KI am Ende als Blase erweist, herrscht Katerstimmung.

Was die Wirtschaft treibt: Vor allem drei Faktoren sorgen zurzeit für Wachstum. Da ist zunächst der Vermögenseffekt steigender Aktienkurse. Hinzu kommt die Lockerung der Geldpolitik, die einen Kreditboom auslöst. Und dann ist da noch die alles andere als restriktive Fiskalpolitik. Der Vermögenseffekt treibt den Konsum, und die Unternehmen können durch Übernahmen und Investitionen weiter wachsen. Die lockere Geldpolitik erleichtert die Kreditvergabe; es werden viele Unternehmensanleihen begeben, und die Spreads sind eng. Die expansive Fiskalpolitik hat viel mit Populismus zu tun, aber auch mit der unsicheren Weltlage. Viel öffentliches Geld fliesst daher in Verteidigung, Infrastruktur und Technologie. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben gut. So sehen es jedenfalls die Märkte.

Immer reicher: Der Vermögenseffekt ist wirklich beeindruckend. Laut Bloomberg ist die Markt­kapitalisierung des MSCI World Equity Index 2025 um 16% oder 12 Billionen US-Dollar gestiegen. Der S&P 500 Index ist heute etwa 7,7 Billionen US-Dollar mehr wert als Anfang Januar. Fast die Hälfte davon entfällt auf die acht grössten Indexwerte (sechs der Magnificent 7 sowie Tesla und Broadcom, die sich auf den Plätzen 7 und 8 abwechseln). Auf Basis des nominalen BIP im 2. Quartal entspricht der Marktwert dieser Aktien etwa 70% der amerikanischen Wirtschaftsleistung, gegenüber nur 12% vor zehn Jahren. Interessant ist auch der Bitcoin: Zwar gibt es weniger Bitcoins als Aktien, aber auch ihr Marktwert hat dieses Jahr um etwa 370 Milliarden US-Dollar zugelegt. Freuen können sich auch Goldinvestoren, legte der Goldpreis in US-Dollar doch um 55% zu.

Die Technologie macht’s: KI und Blockchain treiben die Märkte. Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass US-Technologieunternehmen milliardenschwere Investitionen bekannt geben, meist Beteiligungen untereinander. Oft liest man von einem Kreislauf: KI-Entwickler investieren in Anbieter von Rechenleistung, Anbieter von Rechenleistung in Chiphersteller, Chiphersteller in KI-Entwickler. Das KI-Wettrennen führt zu Verteilungskämpfen: Man konkurriert um Mitarbeiter, Kapital, Datenzentren, Wasser, Elektrizität und natürlich um Kunden. Die Ausgaben sind hoch, und die Preise steigen. Um weiter wachsen zu können, fragt der KI-Sektor enorm viel nach. Da überrascht es nicht, dass Versorger dieses Jahr der drittbeste S&P-500-Sektor sind (wobei sein KGV noch immer deutlich unter dem von IT- und Kommunikationsdienstleistungswerten liegt).

Mehr Geld, höhere Ausgaben: Weil KI die Aktienkurse anheizt, wachsen auch die Haushaltsvermögen. Nach den Kapitalflussdaten der Fed ist das amerikanische Nettohaushaltsvermögen in der ersten Jahreshälfte 2025 um 5,3 Billionen US-Dollar gestiegen. Ich schrieb bereits, dass davon vor allem die Reicheren profitieren, was die Einkommensverteilung noch ungleicher macht. Allerdings steigt auch der Konsum. Wegen des Government Shutdown, der nur wenigen Neueinstellungen und der steigenden Preise von Konsumgütern (vor allem von Importwaren) ist die wirtschaftliche Lage der Verbraucher sehr ungleich. Nur wenige Finanz­anlagen steigen wirklich im Wert, und nur wenige Haushalte profitieren davon. Der Vermögenseffekt stärkt das Wirtschaftswachstum, könnte aber auch neue soziale und politische Risiken nach sich ziehen.

Kreditboom: Auch ohne offizielle US-Konjunkturdaten (wegen des Government Shutdown) rechnet man am Markt mit Zinssenkungen um weitere 125 Basispunkte bis Ende 2026. Implizit geht man davon aus, dass die Zölle die Inflation nur vorübergehend anheizen, sodass die Fed die Geldpolitik weiter lockern kann. Darauf arbeitet auch die Trump-Administration hin, mit ihren Äusserungen und ihren Nominierungen für den Notenbankvorstand. Steigende Kurse und niedrigere Zinsen fördern die Kreditvergabe. Die Banken haben die Bedingungen in den letzten Monaten gelockert, und die Kreditmenge wächst deutlich. Die Marktkapitalisierung des ICE/Bank of America Investment Grade Index hat dieses Jahr um 325 Milliarden US-Dollar zugenommen, wegen steigender Kurse und hoher Neuemissionen. Am High-Yield-Markt betrug der Zuwachs 64 Milliarden US-Dollar, und niemand bezweifelt, dass auch Private Credit kräftig zugelegt hat. Oft heisst es, dass zur Finanzierung von KI-Investitionen viele Fremdkapitalinstrumente aufgelegt wurden, auch ABS. All das spricht gegen eine unmittelbar bevorstehende Rezession in den USA. Es zeigt aber auch, dass im Grunde nur ein Thema die US-Wirtschaft beherrscht.

Keine Sparpolitik: Am Staatsanleihenmarkt will man zu hohe Schulden einfach nicht akzeptieren. Die Unzufriedenheit mit der Haushaltspolitik ist gross. Populismus und mangelnde Kompromissfähigkeit hindern die Regierungen an schmerzhaften Steuer- und Ausgabenentscheidungen - man denke nur an die Lage in Frankreich und Grossbritannien. Die amerikanische Spielart des Populismus führt zu einer Fiskalpolitik, die vor allem den reicheren Steuerzahlern nützt und das Haushaltsdefizit steigen lässt. An den Anleihenmärkten herrscht jetzt Stillstand - die Langfristrenditen stabilisieren sich, weil Anleger auf Nachrichten aus Grossbritannien und Frankreich warten und mit niedrigeren Leitzinsen, aber auch anhaltendem Wachstum in den USA rechnen.

Im Juni schrieb die OECD in ihrem Halbjahresausblick, dass die Regierungen unbedingt auf die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen achten müssten. Zugleich räumte sie ein, dass die Haus­haltsdefizite hoch bleiben würden. Für 2026 rechnet sie insgesamt mit 4,7% des BIP, auch weil die USA und Deutschland höhere Staatsausgaben planen. Nach der Wahl von Sanae Takaichi zur LDP-Vorsitzenden (und designierten Premierministerin) dürfte das wohl auch in Japan so kommen. Die Regierungen sehen sich gezwungen, mehr für Verteidigung auszugeben und verstärkt in erneuerbare Energien, digitale Infrastruktur und andere wichtige Technologien zu investieren. Für grosse Kürzungen ist kein Raum. Von der Austerität der späten 2010er sind wir meilenweit entfernt.

Konjunkturthemen von morgen: All das könnte die Märkte weiter bestimmen und Aktien ebenso wie Unternehmensanleihen stützen. Steigende Kurse sind wiederum gut für die Marktstimmung. Wer freut sich nicht über Gewinne? Um die Märkte aus dem Gleichgewicht zu bringen, muss wirklich viel passieren.

Die Frage ist, ob all die Ausgaben für KI-Infrastruktur wirklich die Produktivität fördern. Eine Antwort steht noch aus. Wir wissen noch nicht, ob die Firmen, die beim grossen Wettlauf gerade führen, viel Geld ausgeben und hohe Kredite aufnehmen, am Ende wirklich genug verdienen. Werden sich ihre Investitionen gelohnt haben? Es fühlt sich wie eine Preisblase an. Immer mehr Menschen teilen diese Sicht, aber niemand weiss, wann die Blase platzt.

Einstweilen scheint Trump das wachsende Vermögen und die immer grössere Macht der KI-Unternehmen zu tolerieren. Manche KI-Anwendungen sind aber wichtig für die nationale Sicherheit. Wird die starke Macht- und Vermögenskonzentration bei einigen wenigen markt­beherrschenden Firmen politisch akzeptabel bleiben? Die acht grössten US-Aktiengesellschaften erzielen zusammen einen Umsatz in Höhe von 7,5% des US-BIP, Tendenz steigend. Die USA werden immer mehr zu einer gewaltigen KI-Wette. Die Konzentrationsrisiken liegen auf der Hand, und die Enttäuschung könnte gross sein. Ich frage mich auch, ob sich die übrigen Wirtschaftszweige (andere Unternehmen und Privathaushalte) wirklich so grosse KI-Investitionen leisten können, dass der Traum von den enormen Produktivitätsgewinnen Realität wird. Aber auch andere Faktoren begrenzen das Wachstum - etwa der Strombedarf der Datenzentren und die Notwendigkeit, sie zu kühlen. Ist es wirklich nur eine Dystopie, wenn man Rationierungen befürchtet, damit die grosse, schöne KI weiter mit Strom versorgt werden kann?

Kredite und so: Auch der Kreditboom kann zum Problem werden. Viel habe ich über die engen Spreads geschrieben. Noch immer halte ich die meisten Unternehmen für fundamental stabil, sodass Mehrerträge weiter möglich scheinen. Probleme beginnen aber nur selten am Investmentgrade-Markt. Viel gefährdeter sind die höher verschuldeten High-Yield- und Leveraged-Loan-Emittenten. Viele Beobachter machen sich auch Gedanken über Private Credit, wo die Verschuldungsgrade höher und die Zinsdeckungsgrade niedriger sind. Ein Risiko ist auch eine restriktivere Geldpolitik, falls die US-Inflation wieder steigt. Renditen und Spreads könnten zulegen, wenn der Markt eine andere Geldpolitik erwartet.

FOMO schlägt Kassandra (meistens jedenfalls): Ich bin schon lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass Unkenrufer nur selten grossen Erfolg haben. Unverbesserliche Optimisten ver­dienen meist mehr als notorische Schwarzmaler. Aber manchmal gibt es eine Baisse. Es muss schon alles sehr gut laufen, damit das Momentum anhält. Die Versuchung ist gross, sein Anlageportfolio abzusichern. Auf jeden Fall sollte man sich der hohen Marktkonzentration und der anderen Risiken bewusst sein. Wie gesagt: Auch 2025 könnte der S&P-500-Kursindex wieder um mindestens 20% steigen. Das wäre das dritte Jahr in Folge. Genau drei Anstiege in Folge gab es seit den 1940ern nicht mehr. Einmal sind die Kurse aber vier Jahre hintereinander so stark gestiegen - von 1995 bis 1998 - und einmal sogar fast fünf; 1999 wurde die 20%-Marke mit 19,5% nur knapp verfehlt, und dann folgten drei Verlustjahre hintereinander. Es war die Zeit des ersten Internetbooms, und jetzt erleben wir den zweiten. Es könnte noch zwei Jahre so weitergehen, aber es könnte ebenso gut mit hohen Verlusten und einer Rezession enden. Seit 1950 ist der S&P 500 im Schnitt um 8,12% jährlich gestiegen. Sollte man sich doch gegen Mean Reversion absichern?

Von: Chris Iggo, CIO Core Investments AXA Investment Managers

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